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Eine Hausschlachtegeschichte - Olivenölkontor

Eine Hausschlachtegeschichte

Die Geschichte der Wurst, ist eine Geschichte voller Missverständnisse ...  ... Wurst materialisiert nicht wunderbarer Weise im Supermarktregal oder in der Schlachtertheke. Sie wird aus Tieren hergestellt. Toten Tieren!

Um Wurst essen zu können, müssen Tiere sterben. So ist eine Hausschlachtung keine romantisch verklärte Geschichte, sondern das Töten und Zerkleinern eines Schweins, und die Verwertung aller Gliedmaßen, inklusive Schwarten und Knochen. Zart besaitete Gemüter haben bei einer Hausschlachtung nichts verloren, ihnen könnte schlecht werden. Sie äßen wahrscheinlich kein Stück von der schönen Wurst, würden gar zum Vegetarier.



Im Stockdunkeln wurde der Anhänger an den Haken gehängt. "Ohneglutamatine" hatte es sich den Abend vorher mit etwas Stroh im Hänger gemütlich gemacht.

 

Am letzten Montag machten mein Freund Marko und ich uns auf, ein Schwein in den Schweinehimmel zu schicken. Der Hausschlachter stand parat; in finsterster, schweinekalter Nacht, so viertel vor sechs, versuchten wir den Anhänger mit „Ohneglutamatine“ (Erklärung siehe hier) an die Anhängerkupplung von Markos Auto zu bekommen. Kein leichtes Unterfangen. Als wir es dann endlich geschafft hatten, ging auch das Licht auf dem Hof an. Bravo!

 

 

Rangieren vor die Schlachthaustür. Wer genau hinsieht, erahnt einen Schweinepöter und hat recht damit.

Dann ging’s ab zum gewerblichen Schlachter, der an seinem Schlachtetag unser graziles Schwein von 380 Pfund „zwischenschieben“ wollte. Die Sau wollte sich aber nicht zwischenschieben lassen; überhaupt nicht schieben, es wollte im Anhänger bleiben. Mit vier Mann, Strick und von hinten schieben, von vorne ziehen, ließ es sich gar nicht erweichen. Verstehen kann ich es schon. Die Tür zum Schlachthaus stand offen, Schweinehälften hingen am Haken, ein soeben getötetes Schwein lag im Blut-Wasser-Gemisch am Boden. Daran sollte unser Schweinchen vorbei defilieren, nur durch ein paar Bleche vom Anblick der getöteten Artgenossen getrennt. Ein älterer Schlachter, der wohl öfter aushilft, rief Ohneglutamatine zu: „Komm her meine Süße, hier drinnen ist es schön warm!“

 

 

 

Marko hält das Blech, damit unser Mettwurstpflänzchen in die vorgegebene Richtung läuft, und die leblosen Artgenossen nicht sieht.

Drei Tage vorher: Vier Knollen Knoblauch geschält und fein gehackt, in ein Glas mit Schraubverschluss gegeben und mit 54 %igem Jamaika-Rum aufgegossen, Deckel drauf und ab in den Kühlschrank. Meine ganz eigene Philosophie: Mettwurst ohne Knoblauch ist keine Mettwurst! Frischen Thymian besorgt, Himalayasalz bereitgestellt, plus einiger Gewürze, die ich zu verwenden gedachte; eines hat mir dann auch einen seeeehr skeptischen Blick und ungläubiges Staunen von unserem Hausschlachter eingebracht.

Am Schlachtetag war um vier Uhr morgens für mich die Nacht vorbei. Morgentoilette und dann Kaffee gekocht. Nebenbei den Thymian gewaschen (was war der dreckig; da habe ich wohl mehr Sand als Thymian bezahlt) und gezupft. Knoblauch abgeseiht, Rum in ein Glas, Knoblauch in ein zweites für die Brühwurst. Schürze und Handtuch eingepackt, Wurstwannen ins Auto, kurz an die Ball spielende Ohneglutamatine gedacht, und dann zum Bauern gedüst.

„Komm her meine Süße, hier drinnen ist es schön warm!“ Die Aufforderung, zum „elektrischen Schweinestuhl“ zu eilen, konnte unsere Süße dann auch nicht mehr länger widerstehen, und trottete grunzend - und ich glaube auch, ein wenig eingebildet - an uns vorbei ins Schlachthaus, nicht ahnend (oder doch?), dass sie nur noch in Einzelteilen dieses Refugium wieder verlassen sollte. Als wir nach eineinhalb Stunden zurück kamen, war sie denn auch kaum wiederzuerkennen: zwei Hälften am Haken, Lunge, Leber, Herz und Nieren ebenfalls aufgehängt, neben den Innereien der anderen Schlachtschweine, der Kopf war durchteilt und lag auf den Backen, das Hirn schimmerte perlmutfarben, wurde aber sogleich entfernt und entsorgt. Der selbe Raum, der nur 90 Minuten früher voll von Blut und Tierleichen gewesen war, erstrahlte jetzt vor Sauberkeit: alles picobello. „Nun ist ihre Seele im Himmel.“ meinte Marko zu dem Schweinemörder. „Wenn die sich genauso viel Zeit lässt, wie das Schwein beim Ausladen, kann das noch ein bisschen dauern!“, gab der zurück.

 

 

Berthold zerteilt das Schwein in Stücke für den Transport in die Wurstküche.

 

 

So werden am Schlachttag die Innereien aufgehängt: Lunge, Leber, Herz und Nieren.

 

 

Schinken, Schulter und Haxen in der Wanne warten auf den Transport.

Der Tierarzt war auch anwesend, wollte aber vom Zusammenflicken nichts wissen, sondern bescheinigte uns nach einer zweiminütigen Untersuchung für 26,10 €, dass unsere Tierleiche im lebenden Zustand gesund gewesen sei. Daraufhin begann unser Hausschlachter Berthold die Sau fachgerecht zu zerteilen und in große Wannen zu werfen. Ein Kofferraum reichte nicht zum Transport, so wurden die Wannen auf zwei Fahrzeuge verteilt, und flugs machten wir uns auf den Weg zum Wurstmachen.

In der Wurstküche angekommen, verbreitete der Wurstkessel angenehme Wärme. Das Fleisch luden wir aus und begannen das Auslösen. Apropos „angenehme Wärme“: Wer schon einmal Fleisch vom Knochen gelöst hat, das eventuell öfter macht, wird sich etwas erschrecken. „Ohneglutamatine“ war noch schön warm, das Fleisch wabbelte hin und her, das Auslösen war gewöhnungsbedürftig, hatte ich doch bisher nur gut gekühltes Fleisch verarbeitet.

 

 

"Oh, wie wohl ist mir, mit den Händen im schlachtwarmen Fleische!"

 

 

Auch Marko versuchte sich am Auslösen, beschränkte sich dann aber auf das Zerteilen des Fleisches.

 

 

Berthold löst aus, ich selektiere die schönsten Stücke. Hinter der weißen Wanne lugen die zwei Filets um die Ecke.

Das Fleisch wurde dann für die Wurstsorten sortiert. Alles wurde Wurst, lediglich das Filet behielten wir zurück. In der Hauptsache gab es Mettwurst. Die schönsten Stücke wanderten also in eine große Wanne für die Mettwurstmasse. Schinken, Rücken, Nacken und die schieren Teile aus der Schulter, dazu ordentlich Schweinespeck. Ein wenig von den gut vermengten Fleischstücken behielten wir für Schinkenwurst zurück, der Rest wurde gewürzt: mit Himalayasalz, schwarzem Pfeffer, Senfkörnern, dem Knoblauchrum, einigen speziellen Gewürzen (die nicht verraten werden) und – Scheiße! Wo ist der Salpeter? Vergessen; alle! Da standen wir nun mit unserer halb-fertigen, zum Teil schon durch den Wolf gelassenen Mettwurstmasse.

 

 

Die Mettwurstmasse, auf den Salpeter wartend. Nein, die Wannen sind nicht dreckig, da waren die gewürzten Fleischstücke vorher drin. Was dort aussieht wie Dreck sind Gewürzreste.

Uslar hat ca. drei Apotheken. Marko losgeflitzt, Salpeter besorgen. Zwei mal kein Salpeter da, einmal auch kein Salpeter da, dafür aber eine tolle Mitteilung: „Salpeter darf ich ihnen gar nicht verkaufen, das fällt unter das Sprengstoffgesetz!“, meine die Apothekenangestellte zu meinem Freund Marko, der in blutverschmierten Klamotten vor ihr stand und ein Aroma nach frisch geschlachtetem Schwein in der Apotheke verbreitete. Tolle Wurst! Oder gerade nicht. „Was jetzt?“, fragte Marko nach seiner Rückkehr.

Da fiel mir etwas ein: ein Uslarer Schlachter (der, der sogar den Plural von Kotelett beherrscht, nicht der andere, der Koteletten an sein Fenster schreibt) macht Mettwurst nach Hausschlachter-Art. Ohne Nitritpökelsalz. Dass der seiner Kundschaft graue Mettwürste verkauft, konnte ich nicht glauben. Der muss Salpeter haben. Ob er uns aushilft? Hat er gern gemacht, etwas feixend zwar, aber gern! Uns fiel ein Stein vom Herzen, die Rocky Mountains sind ein Dreck dagegen. Marko wieder los, Berthold und ich die Schinkenwurstmasse gewürzt. Hier nahmen wir Nitritpökelsalz, schwarzen Pfeffer und Knoblauchrum für meine Schinkenwurst, weißen Pfeffer und kein Knoblauch für Markos, dazu die üblichen Gewürze wie Muskatblüte und Senfkörner. Ich schälte dann noch die Zwiebeln für die Weißwurst. Währenddessen fiel mir eine Konditorfachzeitschrift namens „Praline“ auf, die in der Fensterbank neben dem Fleischwolf lag. Was mich sehr verwunderte: 1. Was macht ein Hausschlachter mit einer Konditorzeitung? Und 2.: Wieso ist auf einer Konditorzeitung eine nackte Frau abgebildet? Bevor ich diese Frage zur Zufriedenheit lösen konnte kam Marko mit dem Salpeter hereingeschneit, und wir konnten unser Tagwerk weiterführen. Salpeter unter die Wurstmasse gerührt (etwas extra unter die schon durchgelassene Masse) und gut vermengt. Die Wurstmaschine wurde gefüllt, Tülle dran, und dann ging’s ab in die Därme. Berthold füllte sie, Marko band ab und ich machte ein Schleifchen ins Bändchen, äh, eine Schlaufe in das Wurstband. Markos Finger sind dann auch fast schon wieder abgeheilt (Wie kann man sich nur so anstellen!).

 

 

Ein halbes Schwein auf dem Schneidebrett. Man beachte die wunderschöne Speckschwarte. Genau richtig, für ein Mettwurstschwein.

 

 

Berthold füllt die Leberwurst in Kunstdärme.

Derweil simmerten die für die Weißwurst und die Leberwurst ausgesuchten Fleischstücke und die Schwarten für die Schwartenwurst in groben Netzen im Wurstkessel vor sich hin. Jetzt war die Schinkenwurst dran: gleiche Prozedur, anderer Darm, viel dünner. Die Fleischstücke für die Weißwurst waren auch soweit. Ich gab sie – immer mal wieder einen Blick auf die Konditorzeitung werfend - mitsamt den Zwiebeln und dem frisch gezupften Thymian durch den Fleischwolf. Salz und Pfeffer dran, ein wenig Masse für ungekochte Weißwurst zurückbehalten, den Rest in Därme gefüllt und ab in den Wurstkessel.

Die Schweineleber wurde zerteilt, zu den ausgesuchten, gebrühten Fleischstücken gegeben und ebenfalls durch den Wolf gedreht, dann gewürzt, abgeschmeckt und in Kunstdärme gefüllt. Die wanderten ebenfalls in den Wurstkessel.

Für die Schwartenwurst hatten wir von der Mettwurstmasse etwas übrig behalten. Die Schwarten kamen jetzt durch den Wolf (hallo Praline!) und wurden anschließend gesalzen und mit der Mettwurstmasse vermengt. Zusätzlich wurde ordentlich mit Kümmel nachgewürzt. „Das jetzt warm gemacht, dazu Salzkartoffeln und eine Gewürzgurke; könnte ich mich reinlegen!“ sagte Berthold. „Nix,“ sagte ich, „reinlegen is nich, erst müssen wir fertig werden!“

Nun hatten wir noch ein „wenig“ Fett und nicht so ganz schöne, weil Sehnen durchzogene Fleischstücke (zum Beispiel von der Schulter) übrig. Zudem lagen da ja noch die beiden Kopfhälften rum, inklusive ihrer Bäckchen. Die löste ich dann aus, ebenso das Fleisch von Ober- und Unterkiefer und gab es zu dem Rest. Das sollte unsere Brühwurst werden. „Was die Bibel für Luther, ist für den Metzger der Kutter!“ heißt es ja so schön.

 Marko wollte ganz gerne Bierschinken haben, und hatte sich dazu von seinem Schinken die große Nuss zurückgelegt, die er nun in bierschinkengerechte Stücke schnitt. Ich war mit einer gemeinen Fleischwurst zufrieden, Hauptsache schön fein. Meine Familie mag keine „Kinkelwurst“. Mit Jagdwurst oder ähnlichem brauche ich gar nicht erst ankommen (die Schinkenwurst muss ich auch selber essen, was mir natürlich sehr Leid tut). Ach ja: Blutwurst gab es keine. Weder mein Freund Marko noch ich selbst sind da sonderlich erpicht drauf. Das Herz, die Nieren und die Zunge kamen in den Wurstkessel und werden jetzt zu Hundefutter verarbeitet. Bis auf ein kleines Stück der wunderbar zarten und duftenden Zunge, die von mir zu einem Salat mit roten Zwiebeln, Dijonsenf, Pinienkernen, Balsamico und Olivenöl verarbeitet wird; und das, obwohl ich eigentlich nichts zu mir nehme, was andere schon mal im Mund hatten.

 

 

Vorbereitete Fleischstücke für den Bierschinken. Rechts die Nuss aus dem Schinken.

Das Saubermachen hat uns gnädigerweise unser Schlachter Berthold erlassen, so konnten wir mit unseren Wannen voll von wohlschmeckendem und aromatisch duftendem „Tierleichenbrei in Därmen“ die Wurstküche in Richtung Heimat verlassen. Marko zu sich, ich zu mir: Wurst aufhängen. Meine hängt jetzt zum Großteil auf dem Dachboden. Jeden Tag wird kontrolliert. Die Mettwurst darf nicht zu schnell trocknen, muss also gepflegt werden. Zur Zeit besteht noch kein Handlungsbedarf, denn auf dem Boden ist es im Schnitt minus zwei Grad kalt. Nicht anfassen! Wenn es wärmer wird, reibe ich die Mettwurst täglich mit einem in Salzwasser getränkten, nur leidlich feuchten Lappen ab. So bekommt die Wurst die nötige Feuchtigkeit und ich beuge der Schimmelbildung vor. Je nach Temperatur werden die ersten – in dünnere Därme gefüllte – Mettwürste Anfang Februar essbar sein, dann aber noch weich. Den dickeren Würsten muss ich wohl bis Mitte März Zeit geben.

 

 

Die Pracht: Mettwürste auf dem Dachboden hängend, langsam reifend. Man erkennt verschiedene Kaliber.

 

 

Ein paar Schinkenwürste und Schwartenwürste hängen in der Speisekammer, damit sie schneller reifen. Die Gier, sie verstehen.

Was mich auf etwas bringt, das ich fast vergessen hätte: Marko wollte es einmal probieren. Mit Blasen. Schweineblasen, um genau zu sein. Fünf Stück sollten es werden (es wurden nur vier, eine war schon gerissen). Schon in rohem Zustand rochen die Blasen nach Schweinepisse. Marko schwankte in seinem Vorhaben. „Die werden vorher eingeweicht, das geht schon!“ meinte Berthold. Sie wurden eingeweicht – die ganze Wurstküche stank nach Schweinepisse. „Jetzt ist es auch egal, rein mit der Mettwurst, die Blase kostet ja schließlich 1,20 € das Stück, das muss gehen.“ sagte Marko mutig. Die Wurst war in der Blase. Raten Sie, wie sie roch? Genau! Erst nach drei Tagen wandelte sich Schweinepisse in Mettwurstaroma. „Siehste,“ sagte ich zu Marko, „weil Weihnachten ist! Wasser in Wein, Schweinepippi zu Mettwurst, das nenne ich ein Weihnachtswunder!“ Schinken- und Schwartenwurst hängen auch auf dem Boden. Die Schinkenwurst braucht ca. zwei Wochen, die Schwartenwurst kann schon gegessen werden. Der erste Wurstsalat von der Fleischwurst ist vertilgt, zehn Kilo Schweineflomen ausgelassen und das Schmalz verteilt. Ein paar schöne Fleischknochen habe ich zu Demi Glace verarbeitet und von zehn auf einen Liter eingekocht und abgefüllt. Die benutze ich dann zum Saucen-Doping, falls etwaige Braten zu wenig Aroma hergeben.

 

 

Ca. zehn Kilo Flomen wurden zu Schmalz verarbeitet. Das meiste verschenkt.

Nun ist es verarbeitet, mit Stumpf und Stiel sozusagen. Auch die Pfötchen sind in der Sauce ausgekocht, den Schwanz und die Ohren hat unser Hund verzehrt. Ich habe ihm das Bild von Ohneglutamatine nicht gezeigt; man ist ja Mensch.

 

 

Leberwurst, Weißwurst und Fleischwurst.

Auch am Tag fünf nach dem Schlachten, hat meine Frau noch kein Stück Wurst probiert. Sollte sie das hier lesen, habe ich das Schwein für mich allein (nicht, dass Sie glauben, das wäre der Grund für die Geschichte).

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